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Mit Alkohol am Steuer: Straftat oder „nur“ Ordnungswidrigkeit?

Beim Fahren mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,1 Promille und mehr wird unwiderlegbar vermutet, dass der Fahrer fahruntüchtig ist. Man spricht von absoluter Fahruntüchtigkeit. Doch auch schon bei einer Fahrt mit nur 0,3 Promille kann man sich nach § 316 StGB strafbar machen.

Ab 1,1 Promille hat man sich einer Trunkenheitsfahrt nach § 316 Strafgesetzbuch strafbar gemacht. Die Folgen für Ersttäter sind Geldstrafe von 30 bis 40 Tagessätzen und Verhängung einer Sperrfrist für die Neuerteilung von bis zu zwölf Monaten. Zumeist wird die Fahrerlaubnis direkt nach der Tat vorläufig entzogen.

Doch auch schon bei einer Fahrt mit nur 0,3 Promille kann man sich wegen einer Trunkenheitsfahrt nach § 316 StGB strafbar machen, wenn die Polizei einen alkoholbedingten Fahrfehler oder Ausfallerscheinungen unterstellt oder man einen Verkehrsunfall gebaut hat. Man spricht von relativer Fahruntüchtigkeit.

Fahrfehler, die zur Annahme der Fahruntüchtigkeit führen, können sein:

  • Schlangenlinien
  • zu weit rechts oder links fahren
  • Überqueren einer durchgezogenen Linie
  • sorglose, offenbar leichtsinnige bzw. enthemmte Fahrweise
  • Geschwindigkeitsüberschreitung
  • Rotlichtmissachtung

Alkoholauffällige Merkmale, die zur Annahme der Fahruntüchtigkeit führen können sind augenscheinliche Beeinträchtigungen der Körperbeherrschung wie:

  • Schleppende, stotternde oder lallende Sprechweise
  • Schwankende oder stolpernde Gehweise
  • Verzögertes oder eingeschränktes Auffassungsvermögen
  • Gerötete Augen
  • Enthemmte Verhaltensweise

Diese Merkmale werden von der Polizei notiert und bei der ärztlichen Kontrolle im Rahmen der Blutentnahme festgestellt.

Die Beurteilung der relativen Fahruntüchtigkeit obliegt dem Richter

Ob wegen einer regelwidrigen Fahrweise oder alkoholtypischer Auffälligkeiten in der Person des Fahrers tatsächlich relative Fahruntüchtigkeit angenommen wird, obliegt der Beurteilung durch den Richter. Ist das Gericht davon überzeugt, dass der Fahrfehler nicht passiert wäre, wenn der Fahrer nüchtern gewesen wäre und/oder die beim Fahrer festgestellten Auffälligkeiten der Alkoholisierung geschuldet waren, ist eine Strafe nach § 316 StGB zu verhängen.

Bei der richterlichen Überzeugungsbildung in diesem Bereich ist also der hypothetische Vergleich mit dem Verhalten eines nüchternen Fahrers heranzuziehen. Fahrfehler rechtfertigen die Annahme relativer Fahruntüchtigkeit im Sinne des § 316 StGB somit nicht in jedem Fall, sondern nur dann, wenn der Fehler nachweislich bei diesem Fahrer ohne Alkoholeinwirkung unterblieben wäre.

Zudem muss der Fahrfehler alkoholtypisch gewesen sein. Davon ist nicht auszugehen, wenn ein Fahrfehler dieser Art auch bei nicht alkoholisierten Fahrzeuglenkern zu beobachten ist.

So hat das Kammergericht Berlin in einer aktuellen Entscheidung das Urteil des Amtsgerichts aufgehoben, durch das ein Autofahrers wegen Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe und Führerscheinentzug verurteilt wurde, weil dieser mit 0,95 Promille Alkohol und 3,8 ng/ml Kokain im Blut „über eine Fahrstrecke von ca. 500m mit einer Geschwindigkeit von ca. 60 km/h“ gefahren ist und bei der Kontrolle durch Polizeibeamte gerötete Augen und einen schleppenden Gang gehabt sowie zeitweise gelallt hat.

Die aktuelle Entscheidung des Berliner Kammergerichts zur Verurteilung nach § 316 StGB

Nach Auffassung des Kammergerichts durfte diese Urteil keinen Bestand haben, weil diese Ausfallerscheinungen noch nicht sicher besagen, ob die Gesamtleistungsfähigkeit des Angeklagten im Zeitpunkt der Fahrt durch den Alkohol und das Betäubungsmittel beeinträchtigt war.

Der Senat stellt klar: Für den Nachweis der Fahruntüchtigkeit und somit eine Verurteilung gemäß § 316 StGB reicht nicht, dass durch Alkohol oder Drogen das Reaktionsvermögen des Angeklagten und seine Fähigkeit, die Verkehrslage richtig einzuschätzen beeinträchtigt sein kann, und er sein Leistungsvermögen falsch einschätzt.

Insbesondere die festgestellten Fahrfehler besagen über die tatsächliche Fahruntüchtigkeit schon deshalb nichts, weil der diesem Verhalten zugrunde liegende Fahrfehler im Übersehen der entsprechenden Beschilderung liegt und nichts darauf hindeutet, dass die Ursache hierfür die alkohol- und betäubungsmittelbedingte Beeinflussung des Angeklagten gewesen ist. Dass er bei der Kontrolle durch die Polizeibeamten gerötete Augen und einen schleppenden Gang gehabt sowie zeitweilig gelallt habe, lässt auch keinen sicheren Schluss auf eine Beeinträchtigung seiner Gesamtleistungsfähigkeit durch Alkohol und Betäubungsmittel zum Zeitpunkt der Fahrt zu ( KG, Beschl. v. 15.09.2011 Aktenzeichen: (3) 1 Ss 192/11 (73/11)).

Mein Rat für Autofahrer bei Alkoholkontrollen:

  • Seien Sie freundlich, geben Sie auf Nachfrage Ihre Personalien/Fahrzeugpapiere heraus aber beantworten Sie keine Fragen (Schweigen ist immer Gold!)
  • Es nutzt nichts, das Pusten zu verweigern, da bei Weigerung immer die Mitnahme auf die Wache erfolgt
  • Beteiligen Sie sich nach einer Polizeikontrolle auf keinen Fall an ärztlichen Untersuchungen wie Finger-Nase-Probe, Herumdrehen, Gehprobe etc. Man ist dazu nicht verpflichtet.
  • Schweigen Sie strikt auf Fragen zur Alkoholaufnahme oder Rauchmittelkonsum
     
Christian Demuth, Düsseldorf, als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht im Bereich Verkehrsrecht tätig: "Für den Nachweis der Fahruntüchtigkeit und somit eine Verurteilung gemäß § 316 StGB reicht nicht, dass durch Alkohol oder Drogen das Reaktionsvermögen des Angeklagten und seine Fähigkeit, die Verkehrslage richtig einzuschätzen beeinträchtigt sein kann, und er sein Leistungsvermögen falsch einschätzt."

Vom Verlag für Rechtsjorunalismus gibt es einen Ratgeber zum Thema "Drogen und Alkohol am Steuer"

Christian Demuth, Düsseldorf
Rechtsanwalt l Fachanwalt für Strafrecht
Verkehrsrecht l Verkehrsstrafrecht l Bußgeldrecht

 

 

 

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