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Kein medizinisch-psychologisches Gutachten bei einmaliger Trunkenheitsfahrt unter 1,6 Promille erforderlich

Das Bundessverwaltungsgericht (BVerwG) hat die Grenze für die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens durch die Fahrerlaubnisbehörde als Voraussetzung für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis klarer gefasst. So darf ein Gutachten nicht angefordert werden, wenn dem Betroffenen die Fahrerlaubnis im Strafverfahren nach einer einmaligen Trunkenheitsfahrt mit einer Blutalkoholkonzentration (BAK) von weniger als 1,6 Promille entzogen worden ist. Anderes gilt erst, wenn zusätzliche Tatsachen dafürsprechen, dass es auch in Zukunft einen Alkoholmissbrauch geben wird (BVerwG, Urteil vom 06.04.2017; Az.: 3 C 24.15, 3C 13.16).

In beiden vom BVerwG entschiedenen Fällen war den Betroffenen wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr nach § 316 des Strafgesetzbuches (StGB) im Strafverfahren die Fahrerlaubnis entzogen worden. Die Begründung lautete, aus der Tat ergebe sich, dass sie zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet seien. In dem einen Fall lag die BAK bei 1,28 Promille, im anderen bei 1,13 Promille. Beide Betroffenen waren, als sie die Neuerteilung ihrer Fahrerlaubnis beantragt hatten, zur Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens aufgefordert worden. Und in beiden Fällen blieb die Klage auf Erteilung einer Fahrerlaubnis ohne medizinisch-psychologisches Gutachten in den Vorinstanzen ohne Erfolg.

Dieser engen Interpretation der Vorschriften folgte das BVerwG nicht und änderte die vorinstanzlichen Urteile dahingehend ab, dass die Fahrerlaubnisbehörden die beantragten Fahrerlaubnisse auch ohne medizinisch-psychologisches Gutachten auszustellen haben. Das Gericht verwies darauf, dass § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe c der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) das Anfordern eines medizinisch-psychologischen Gutachtens bei einer einmaligen Trunkenheitsfahrt erst rechtfertigt, wenn die BAK bei 1,6 Promille oder höher liegt. Es stellte zudem klar, dass die strafgerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis wegen einer Trunkenheitsfahrt kein von der 1,6 Promille-Grenze unabhängiger Sachgrund für die Anforderung eines Gutachtens ist. Demzufolge kann ein Gutachten erst ab 1,6 Promille oder, wenn weitere belastende Tatsachen hinzukommen, welche die Annahme eines künftigen Alkoholmissbrauchs begründen, angefordert werden.

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Christian Demuth
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