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Fahrverbot abwenden wegen beruflicher Unzumutbarkeit

Die Verhängung eines Fahrverbotes muss immer angemessen sein. Die mit dem Fahrverbot verbundenen Folgen dürfen für den Betroffenen keine unangemessene Härte darstellen. Grundsätzlich sind aber erhebliche Nachteile und Beeinträchtigungen, die durch den erzwungenen Verzicht auf das Auto entstehen, als angemessene Folge eines Fahrverbotes hinzunehmen. Denn nach dem Willen des Gesetzgebers stellt das Fahrverbot im Verkehrsrecht eine Denkzettelsanktion dar, durch die beim Betroffenen eine erzieherische Wirkung für die Zukunft erreicht werden soll. Betroffene, die sich mit Erfolgsaussicht auf die Unangemessenheit des Fahrverbotes berufen möchte, sollten daher über ihren Rechtsanwalt schon außergewöhnliche Härten aufzeigen, die ein Fahrverbot für unerträglich machen.

In der Praxis spielen bei der Frage der Angemessenheit des Fahrverbots die negativen beruflichen Folgen für den Betroffenen natürlich eine erhebliche Rolle. Berufliche Nachteile alleine reichen für die Begründung einer Unangemessenheit des Fahrverbotes jedoch nicht aus, da sie alle Autofahrer in gleicher Weise treffen. Erst wenn sich diese Nachteile zu einer Existenzgefährdung verdichten, kann die Verhängung eines Fahrverbotes als Verstoß gegen das Übermaßverbot unzulässig sein.

Berufliche Nachteile reichen für ein Absehen vom Fahrverbot nicht aus

Bei Arbeitnehmern besteht eine Existenzgefährdung nur dann, wenn nachgewiesen wird, dass das Fahrverbot konkret zu einer Kündigung des Betroffenen führen würde. Es reicht in der Regel nicht aus, wenn vorgetragen wird, dass mit einer Kündigung nur zu rechnen sei. Bei Selbständigen und Freiberuflern ist der Maßstab für die Unverhältnismäßigkeit des Fahrverbotes die hierdurch drohende ernste Gefahr für den Fortbestand des Unternehmens oder Betriebes. In all diesen Fällen, darf es für den Betroffenen auch nicht möglich sein, diese durch das Fahrverbot entstehenden nachteiligen Folgen mit zumutbaren Maßnahmen abzuwenden.

Es empfiehlt sich daher umfassend gegen alle Argumente vorzutragen, die als zumutbare Maßnahme zur Abwendung der Existenzgefährdung angesehen werden könnten. So sollte zum Beispiel erläutert werden, warum keine Kreditaufnahme möglich ist, um für die Zeit des Fahrverbotes einen Fahrer einzustellen oder weshalb für die Zeit des Fahrverbotes kein Urlaub genommen werden kann.

Bereits der Bußgeldstelle sollten alle Härtefallgründe vorgetragen werden

Die beruflichen Gründe, die den ausnahmsweisen Verzicht auf ein Fahrverbot rechtfertigen sollen, sollten auch möglichst schon im Verfahren vor der Bußgeldstelle umfassend dargelegt werden. Das Absehen vom Fahrverbot ist nach § 4 Abs. 4 Bußgeldkatalog-Verordnung (BKatV) mit der Anhebung der Regelgeldbuße zu verbinden. Es kommt erfahrungsgemäß vor dem Hintergrund der möglichen Gebührenanhebung vor, dass die Bußgeldstelle bei der Frage des Absehens vom Fahrverbot zu mehr Pragmatismus neigt als dies bei dem Gericht der Fall wäre, das sich im weiteren Verlauf des Verfahrens mit der Sache zu befassen hätte. Einzig das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat in seiner Rechtsprechung den Standpunkt entwickelt, dass mit Blick auf die Möglichkeit ein stark erhöhtes Bußgeld zu verhängen, die gewünschte Erziehungswirkung beim Betroffenen grundsätzlich auch durch eine deutliche Anhebung der Regelgeldbuße statt eines Fahrverbotes erreicht werden könne.

Der Tatrichter muss sich in jedem Fall mit allen vom Betroffenen vorgetragenen Gründen, die das Fahrverbot möglicherweise zu einer besonderen beruflichen Härte machen, im Urteil auseinandersetzen. Zwar sind seine Entscheidungen über das Absehen oder die Verhängung eines Fahrverbots „bis zur Grenze des Vertretbaren hinzunehmen“, so das OLG Hamm, jedoch muss er eine eingehende und auf Tatsachen gestützte Begründung für seine Entscheidung geben.

Die tatrichterliche Würdigung ergibt nicht selten Ansatzpunkte für eine erfolgreiche Rechtsbeschwerde gegen das Urteil, wenn es zur Verurteilung zu einem Fahrverbot gekommen ist. Aber auch hier gilt: Die Umstände für das Vorliegen eines Härtefalls müssen vor Gericht glaubhaft gemacht worden sein.

Auch ein beschränktes Fahrverbot könnte die berufliche Existenz sichern

Das Fahrverbot kann auch auf eine bestimmte Kraftfahrzeugart beschränkt werden, wenn der Betroffene zur Ausübung seines Berufs auf das Führen solcher Kraftfahrzeuge angewiesen ist. So hat das OLG Bamberg es bei einem Busfahrer mit mehreren Voreinträgen in Flensburg für rechtens erklärt, dass das Fahren von Fahrzeugen, die mit der Führerscheinklasse D zu führen sind, vom Fahrverbot ausgenommen werden.

Bei einem Pizzalieferanten wurde vom Amtsgericht (AG) Frankfurt vom Fahrverbot abgesehen. Ebenso vom AG Beckum bei einem selbständigen Einzelkaufmann, der Elektroartikel und Wärmepumpen vertreibt und bei den Kunden installiert. Auch ein Gastwirt musste nach einem Urteil des OLG Hamm kein Fahrverbot hinnehmen, da genügend Umstände vorgetragen wurden, die eine Existenzgefährdung ohne Führerschein glaubhaft machten. Bei einem scheinselbständigen EDV-Administrator, der die Einrichtung eines IT-Großprojekte an mehreren Standorten betreut, hat das AG Ahrensburg von der Verhängung eines Fahrverbots abgesehen.

Die Tatsache, dass jemand als Handelsvertreter beschäftigt ist, reicht für sich genommen als rechtfertigender Härtefall für ein Absehen vom Fahrverbot aus. Auch hier müssen Einzelheiten vorgetragen werden, die zeigen, dass eine Existenzgefährdung unausweichlich vorliegt. Die Frage der Angemessenheit oder Unangemessenheit eines Fahrverbotes hat eine für Laien kaum noch überschaubare Kasuistik hervorgebracht. Es ist daher ratsam mit einem spezialisierten Verteidiger zu besprechen, ob im Einzelfall Gründe für eine unzumutbare berufliche Härte mit Erfolg gegen die Verhängung des Fahrverbots ins Feld geführt werden können oder ob gegebenenfalls andere Strategien zur Abwendung des Fahrverbotes in Betracht kommen.
 

Christian Demuth, Düsseldorf, als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht im Bereich Verkehrsrecht tätig: "Bei unzumutbaren Härten durch ein Fahrverbot geht es in der Regel  um die berufliche Existenz. Das sollte bereits der Bußgeldstelle in Sachkenntnis möglicher Gegenargumente vorgetragen werden. "

 

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