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Lautstarker Streit mit einem Bediensteten der Gemeinde reicht nicht für den Entzug der Fahrerlaubnis

Eine heftige verbale Auseinandersetzung mit einem Gemeindevollzugsbediensteten kann für sich genommen nicht als Grundlage herhalten, vom Beteiligten ein medizinisch-psychiatrisches Gutachten einzufordern und seine Fahrerlaubnis mit sofortiger Wirkung einzuziehen. Das gilt vor allem, wenn der Betroffene kraft eigener Kontrolle die Schwelle zu einer körperlichen Auseinandersetzung nicht überschritten hat. Dies hat das Verwaltungsgericht (VG) Freiburg entschieden (VG Freiburg, Beschluss vom 24.11.2015, Az.: 4 K 2480/15).

Zwischen dem Antragsteller des Verfahrens und einem Gemeindevollzugsbediensteten war es zu einem Streit darüber gekommen, ober der Bedienstete berechtigt war, die Personalien des Antragstellers festzustellen und ihn zu diesem Zweck festzuhalten. Warum dieser Streit eskaliert war, blieb weitgehend unklar. Die behördliche Seite sah die Ursache im Verhalten des Antragstellers, dieser wiederum sah den Auslöser im Auftreten und Ton des Gemeindebediensteten, der ihn habe provozieren wollen. Letztlich sagte die Lebensgefährtin des Antragstellers als Zeugin aus, dass sie den Bediensteten als aufdringlich und beide Kontrahenten als aggressiv empfand.

Die Fahrerlaubnisbehörde hatte auf den Vorfall reagiert, indem sie die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einforderte und dem Antragsteller die Fahrerlaubnis entzog. Seinen Führerschein sollte er sofort abliefern.

Damit ging sie nach Ansicht des VG Freiburg zu weit. Es stellte die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragsstellers gegen die Gutachtensanforderung wieder her. Dabei betonte das Gericht, Überwiegendes spreche dafür, dass der Widerspruch gegen den Bescheid erfolgreich sein werde, weil nicht mit der erforderlichen Gewissheit feststehe, dass der Antragsteller zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet sei.

Das Gericht sah insbesondere keine rechtliche Ermächtigung für die Anordnung der medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) als gegeben. In Betracht wäre eine solche Anordnung nur nach § 11 Abs. 3 Nr. 7 oder Nr. 6 der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) gekommen. Nr. 7 setzt dem Gericht zufolge jedoch die Begehung mehrerer Straftaten voraus. Hier wäre höchstens eine Straftat in Form des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in Betracht gekommen. Zwar sah die Fahrerlaubnisbehörde auch eine Nötigung als gegeben, das Gericht verwies jedoch darauf, dass die Rechtsprechung den Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte als spezielle Vorschrift gegenüber der Nötigung sieht, sodass diese Tatbestände nicht nebeneinander zum Tragen kommen.

Nach Nr. 6 wäre eine MPU möglich bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit der Fahreignung steht, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen oder die erhebliche Straftat unter Nutzung eines Fahrzeugs begangen wurde. Diese Straftat muss allerdings erheblich sein, wobei dem Gericht zufolge „erheblich“ nicht ohne Weiteres mit „schwerwiegend“ gleichzusetzen ist sondern sich auf die Kraftfahreignung bezieht.

Eine solche erhebliche Straftat bezweifelte das Gericht aufgrund des Tatablaufs, der ohne körperliche Auseinandersetzung geblieben war. Zudem hatte der Gemeindevollzugsbedienstete ausgesagt, dass er selbst davon ausgegangen sei, dass der Antragsteller ihn nicht habe schlagen wollen. Auch hatte der Antragsteller keine Beleidigungen gegenüber dem Bediensteten geäußert. Für das Gericht hielt damit die Aufforderung zur Beibringung einer MPU nicht stand. Und somit entfielen auch die Voraussetzungen für die Aufforderung zur Ablieferung des Führerscheins.

Ihr Experte für Fragen zum Verkehrsrecht, Bußgeldrecht und Verkehrs­strafrecht

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Christian Demuth
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