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Bußgelder und schlimmere Folgen für den Fahrerlaubnisinhaber bei Geschwindigkeitsüberschreitungen

Geschwindigkeitsmessstelle am Straßenrand. Foto: S. Engels - stock.adobe.com
Schreibfehler schützt nicht vor Ahndung des Geschwindigkeitsverstoßes

Aus einem Schreibversehen des Gerichts folgt nicht automatisch eine erfolgreiche Rechtsbeschwerde gegen den ergangenen Beschluss. Die Erfahrung musste ein Autofahrer machen, der sich dem Amtsgericht zufolge einer vorwerfbaren Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 72 km/h schuldig gemacht hatte. Der Betroffene wollte den Beschluss unter anderem damit aushebeln, dass an einer Stelle des Beschlusses die gemessene Nettogeschwindigkeit mit 72 km/h angegeben worden war. Dies ließ das Oberlandesgericht (OLG) Celle jedoch als offensichtliches Schreibversehen durchgehen, da im Beschluss sowohl auf die geltende Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h Bezug genommen als auch eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von etwa 90 % erwähnt worden war (OLG Celle, Beschluss vom 08.11.2018, Az: 3 Ss (OWi) 190/18).

Schrittgeschwindigkeit ist nicht nur ein individueller Faktor, auch die Gerichte interpretieren sie unterschiedlich. Foto: sp4764 - stock.adobe.com
Schrittgeschwindigkeit in verkehrsberuhigter Zone liegt bei maximal 10 km/h

Von Verkehrsteilnehmern wird die Frage, was bedeutet Schrittgeschwindigkeit, meist sehr unterschiedlich beantwortet. Und auch die Gerichte argumentieren in einer Bandbreite von 4 km/h bis 15 km/h. Das Oberlandesgericht (OLG) des Landes Sachsen-Anhalt hat sich darauf festgelegt, dass von Schrittgeschwindigkeit höchstens bis 10 km/h gesprochen werden kann. Es hob die Entscheidung eines Amtsgerichtes auf, das die oft angesetzten 15 km/h als Grundlage für seine Entscheidung genommen hatte, und verwies die Angelegenheit zur erneuten Verhandlung an dieses zurück (OLG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 21.03.2017, Az.: 2 Ws 45/17).

Ist ein Tacho nachweislich defekt, kann das den Fahrer im Falle einer Geschwindigkeitsüberschreitung in einem gewissen Maß entlasten. Foto: Gaschwald - stock.adobe.com
Zu hohe Geschwindigkeit: Defekter Tacho spricht gegen groben Pflichtverstoß

Ein nachweislich defekter Tacho kann darüber entscheiden, ob eine Geschwindigkeitsüberschreitung nur zu einer Geldbuße führt, oder ob auch die Anordnung eines Fahrverbots hinzukommt. Das ergibt sich aus einer Entscheidung des Amtsgerichtes (AG) Lüdinghausen, bei der es um eine Geschwindigkeitsüberschreitung der innerorts zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 32 km/h ging. Angesichts des defekten Tachos entfiel in diesem Fall der Vorwurf der groben Pflichtverletzung (AG Lüdinghausen, Urteil vom 07.03.2016, Az.: 19 OWi-89 JS 2669/15-258/15).

Für eine gewisse Zeit muss sich ein Fahrer merken, welche Beschränkungen auf seiner Strecke gelten - auch wenn er kurz davon abweicht und dann wieder auffährt. Foto: Михаил Решетников - stock.adobe.com
Bei einer einheitlichen Fahrt muss man sich die Verkehrsregeln merken

Wer mit einem Fahrzeug unterwegs ist, sollte sich durchaus die aktuelle geltenden Verkehrsausschilderungen merken. Das ist zwar nicht auf Dauer notwendig, solange man jedoch im Rahmen einer einheitlichen Fahrt unterwegs ist, ist Erinnerungsvermögen gefordert. Die Erfahrung musste in Mann machen, der eine Landstraße nach einer Geschwindigkeitsbeschränkung auf 70 km/h verlassen hatte und einige Zeit später wieder auf die Straße zurückkam – nur einige Meter von der Stelle des Verlassens entfernt. Ihm begegnete kein neues Schild mit der Geschwindigkeitsbeschränkung, dafür einige Zeit später eine Messstelle, wo er mit überhöhter Geschwindigkeit registriert wurde. Das brachte dem Mann wegen fahrlässigen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ein Bußgeld in Höhe von 80 € ein. Und die von ihm bemühten Gerichte stellten klar, dass ihm die Geschwindigkeitsanordnung hätte in Erinnerung bleiben müssen (Oberlandesgericht Oldenburg, Beschluss vom 15.01.2019, Az.: 2 Ss (OWi), 10/19).

Die Bebauung alleine sagt noch nichts darüber aus, ob man sich innerhalb oder außerhalb eines Ortes befindet. Foto: silbertaler - stock.adobe.com
Irrtum über das Verlassen einer Ortschaft reicht nicht für ein Absehen vom Fahrverbot aus

Beruht ein Verkehrsverstoß nicht auf einer groben Pflichtverletzung, sondern lediglich auf einer augenblicklichen Unaufmerksamkeit, wie sie jedem aufmerksamen Verkehrsteilnehmer einmal unterlaufen kann, kann davon abgesehen werden, ein Fahrverbot zu verhängen. Ein solcher Ausnahmefall liegt aber nicht vor, wenn sich der Fahrzeugführer nach dem Verlassen des Ortskerns aufgrund einer dünner werdenden Besiedlung zur Annahme verleiten lässt, er sei bereits außerhalb der Ortslage. Das hat das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) klargestellt (OLG Brandenburg, Beschluss vom 31.05.2016, Az.: (2 B) 53 Ss-OWi 116/16).

Mehrfachtäter sollen ihre Fehler durch die Teilnahme an Fahreignungsseminaren ausbügeln können. Foto: benjaminnolte - stock.adobe.com
Drei Geschwindigkeitsübertretungen rechtfertigen keine Entziehung der Fahrerlaubnis

In besonderen Ausnahmefällen darf eine Fahrerlaubnisbehörde auch außerhalb der im Fahreignungsregister (FaER) eingetragenen Punkte tätig werden. Drei Geschwindigkeitsüberschreitungen eines Fahrers genügen jedoch nicht, ihn zur Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens aufzufordern. Und noch weniger sind sie geeignet, hierauf bei Nichtvorlage des Gutachtens eine Entziehung der Fahrerlaubnis zu stützen. Das zeigt eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) Neustadt (VG Neustadt, Beschluss vom 21.03.2017, Az.: 3 L 293/17.NW).