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Straßenverkehrsgefährdung setzt Beinaheunfall und unbeteiligte Mitfahrer voraus

Verkehrsgefährdung greift nur bei drohenden Sachschäden von mehr als 750 € oder Gefahr für Personen. Foto: Fotoschlick - stock.adobe.com

Verurteilungen wegen Straßenverkehrsgefährdung kranken häufig an den Feststellungen zur „konkreten Gefahr“. Eine Tat nach § 315c StGB (Gefährdung des Straßenverkehrs) setzt voraus, dass durch die Tathandlung eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben eines anderen Menschen oder eine fremde Sache von bedeutendem Wert herbeigeführt worden ist. Die tatbestandsspezifische Wertgrenze für den Gefährdungsschaden liegt hier bei 750 Euro.

Konkrete Gefahr erst bei Beinaheunfall

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) ist eine konkrete Gefahr erst gegeben, wenn es zu einem „Beinaheunfall“ gekommen war. Darunter ist ein Geschehen zu verstehen, bei dem ein unbeteiligter Beobachter zu der Einschätzung gelangt, „das sei gerade noch mal gut gegangen“, bei dem es nur noch vom Zufall abhing, dass es nicht zum Schaden für das geschützte Rechtsgut kam.

Das Gericht muss bei einer Verurteilung daher im Urteil Tatsachen feststellen, die hinreichend belegen, dass das fehlerhafte Fahrverhalten des Angeklagten tatsächlich zu einem sogenannten Beinahe-Unfall geführt hat. Dazu zählen insbesondere Angaben zu den Geschwindigkeiten der Fahrzeuge.

Vorinstanz hatte konkrete Gefahr für Beifahrer gesehen

Der BGH hatte jüngst in einem Fall zu entscheiden (Beschluss vom 4.12.2012, Az.: 4 StR 435/12), in welchem das Landgericht den Angeklagten wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung in zwei Fällen verurteilt hatte, weil dieser im Zustand absoluter Fahruntüchtigkeit als Fahrzeugführer Leitplankenfelder gestreift hatte und schließlich in eine Baustellenabsicherung bzw. gegen eine Hausmauer fuhr. Ein konkreter Gefährdungsschaden an den in Mitleidenschaft gezogenen Sachen konnte nicht beziffert werden. Das Landgericht erkannte aber eine konkrete Gefahr für Leib und Leben der beiden unverletzt gebliebenen Mitfahrer des Angeklagten.

Feststellungen zur Geschwindigkeit sind unverzichtbar

Das sah der BGH anders. Weil das Landgericht keine Feststellungen zur Geschwindigkeit des Fahrzeugs im Zeitpunkt der Kollision und zur Intensität des Aufpralls getroffen hatte, könnte dem Urteil des Landgerichts nicht entnommen werden, ob es tatsächlich beinahe zu einer Verletzung der Mitinsassen gekommen wäre. Es konnte überdies auch nicht ausgeschlossen werden, dass der Angeklagte eine fahrerische Reaktion gezeigt hat, die einen intensiveren Aufprall verhindert hat.

Mitfahrer dürflen in keiner Weise an der Straftat beteiligt sein

Wenn sich die Frage der Gefährdung von Mitfahrer stellt, wird von manchen Gerichten auch übersehen, dass die im PKW befindlichen Insassen überhaupt nur dann vom Schutzbereich der Strafvorschrift des § 315c StGB erfasst werden, wenn sie nicht an dieser Straftat beteiligt waren. Wenn die Mitinsassen des Fahrers diesem z. B. zuvor den Fahrzeugschlüssel des eigenen PKW überlassen haben, könnten sie sich der Beihilfe gemäß § 27 StGB schuldig gemacht haben. In diesem Fall scheidet eine Gefährdung der Fahrzeuginsassen im Sinne des § 315c StGB aus.

Christian Demuth, Düsseldorf
Rechtsanwalt l Fachanwalt für Strafrecht
Verkehrsrecht l Verkehrsstrafrecht l Bußgeldrecht

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