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Freispruch eines Radfahrers trotz Trunkenheit

Alkoholisierter Fahrradfahrer konnte sich nicht lange über seinen Freispruch freuen. Foto: Kara - stock.adobe.com

Neue wissenschaftliche Erkenntnisse mögen zwar dazu beitragen, die Rechtsprechung zu verändern. Will ein Richter jedoch von der gefestigten Rechtsprechung abweichen, so muss er detailliert begründen, warum er das tut. Es genügt jedenfalls nicht, im Falle eines mit mehr als 1,6 Promille alkoholisierten Fahrradfahrers auf neue Studien zu verweisen und ihn allein mit diesem Argument vom Vorwurf der fahrlässigen Trunkenheit im Verkehr freizusprechen. Das zeigt eine Entscheidung des Kammergerichts (KG) Berlin (KG Berlin, Urteil vom 30.03.2017, Az.: (3) 161 Ss 42/17 (6/17)).

Freispurch eines alkoholisierten Radfahrers mit Verweis auf neuere Studie

Der Angeklagte war alkoholisiert beim Fahrradfahren erwischt worden. Die um 20.25 Uhr entnommene Blutprobe hatte einen Mittewert von 2,00 Promille Ethanol ergeben. Gleichwohl hatte ihn der Amtsrichter vom Vorwurf der fahrlässigen Trunkenheit im Verkehr freigesprochen und zur Begründung auf einen „Forschungsbericht des Gesamtverbandes der deutschen Versicherungswirtschaft e.V., ,Grenzwerte für absolute Fahruntüchtigkeit bei Radfahrern‘ von Daldrup, Hartung, Maatz u.a. vom August 2014“ verwiesen. Der Amtsrichter vertrat die Ansicht, diese Studie könnte nahelegen, dass die Rechtsprechung den Grenzwert von 1,6 Promille nach oben korrigieren muss.

Freisprechendes Urteil muss Gründe für die Entscheidung darstellen

Eine aus Sicht des Kammergerichts nicht haltbare Entscheidung. Das KG betonte, dass ein freisprechendes Urteil zeigen muss, ob der Angeklagte nicht überführt werden konnte oder ob und aus welchen Gründen die ihm vorgeworfene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Dies erfordert dem Gericht zufolge eine Schilderung des festgestellten Sachverhalts sowie eine geschlossene Darstellung der Tatsachen des objektiven Tatgeschehens, die das Tatgericht für erwiesen hält.

Urteil muss aus sich heraus verständlich sein

Hieran fehlte es aber. So war, wie das KG betonte, den Urteilsfeststellung schon nicht zu entnehmen, von welcher Blutalkoholkonzentration das Amtsgericht überhaupt ausgegangen war. Es hatte zwar das Ergebnis der Blutprobe mitgeteilt, jedoch nichts dazu ausgesagt, wie hoch die Blutalkoholkonzentration zum Zeitpunkt der Tatbegehung war. Wobei das Amtsgericht noch nicht einmal den exakten Tatzeitpunkt angegeben hatte, sodass dem KG eine eigene Berechnung des Wertes verwehrt war. Fest stand aus dem Gesamtzusammenhang lediglich, dass der Amtsrichter von einer über 1,6 Promille liegenden Blutalkoholkonzentration ausgegangen war.

Darüber hinaus wies das KG darauf hin, dass es in der Entscheidung des Amtsgerichts einer eingehenden Darstellung und Würdigung der abweichenden wissenschaftlichen Erkenntnisse bedurft hätte. Ein bloßer Verweis auf den Forschungsbericht verfehlte dem KG zufolge allein schon die prozessualen Rahmenbedingungen. Das Gericht: Eine derart pauschale Verweisung ist schon durch den Grundsatz ausgeschlossen, dass ein Urteil aus sich heraus verständlich sein muss.

Das KG hob das Urteil auf und verwies es zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts zurück.

Christian Demuth, Düsseldorf
Rechtsanwalt l Fachanwalt für Strafrecht
Verkehrsrecht l Verkehrsstrafrecht l Bußgeldrecht

 

 

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