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Strafbare Trunkenheitsfahrt? Atemalkohol reicht nicht

Strafbare Trunkenheitsfahrt – Atemalkohol reicht nicht

Eine Verurteilung wegen einer Trunkenheitsfahrt nach § 316 Strafgesetzbuch (StGB) kann keinen Bestand haben, wenn der Beweis der alkoholbedingten Fahrunsicherheit nur auf der gemessenen Atemalkoholkonzentration beruht. Dies hat das Berliner Kammergericht (KG) betont (Beschluss vom 22.3.2007, Az.: 1 Ss 515/06 (32/07).

Im zugrunde liegenden Sachverhalt hatte der Angeklagte nach einer Kinovorstellung alkoholhaltige Cocktails getrunken. Obwohl er in Begleitung seiner Frau war, die keinen Alkohol getrunken hatte, setzte er sich an das Steuer seines Wagens. Seine Neigung zu sogenannter sportlicher Fahrweise war wegen der alkoholbedingten Enthemmung an diesem Abend noch stärker ausgeprägt als sonst. So meint er, an den Ampeln seine vermeintliche fahrerische Überlegenheit durch Imponiergehabe und Schnellstarts unterstreichen zu müssen. Außerdem überschritt er deutlich die im Stadtverkehr zulässige Höchstgeschwindigkeit und verzichtete auf das Blinken bei Fahrstreifenwechseln. Das fiel einer Polizeistreife auf, die den Angeklagten stellte. Zum Überholen des sportlichen Fahrers mussten die Beamten ihr Fahrzeug auf zirka 100 km/h beschleunigen. Nach dem Anhalten ließen ihn die Beamten "pusten", da sie Alkoholgeruch wahrgenommen hatten. Das Kontrollgerät zeigte einen Atemalkoholwert von 0,63 Promille an. Den Fahrer, der sich - nach den Worten der Beamten - ungehalten und uneinsichtig gezeigt hatte, verbrachten die Beamten daraufhin zur Gefangensammelstelle. Dort wurde der Atemalkohol mit dem Dräger-Alcotest 7110 gemessen. Dieser ergab einen Wert von 0,41 mg/l Alkohol in der Atemluft. Ein Blutanalyse wurde nicht durchgeführt.

Der Atemalkoholwert ist lediglich Indiz für alkoholbedingte Fahruntauglichkeitkeit

Die später erfolgte Verurteilung des Fahrers wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr auf der Basis des in einen Blutalkoholwert umgerechneten Atemalkoholwertes hat das Kammergericht als Fehler gebrandmarkt. Das Ergebnis einer solchen Umrechnung stelle nur eine statistische Wahrscheinlichkeitsaussage dar. Mit anderen Worten: Zum strafrechtlich erforderlichen sicheren Tatnachweis einer Fahruntüchtigkeit genügt ein bloßer Atemalkoholwert nicht . Er könne, so das Kammergericht, allenfalls als ein Beweisanzeichen, also nur als Indiz, für eine alkoholbedingte Fahruntauglichkeit gewertet werden.

Ab dem Grenzwert von 1,1 Promille Alkohol im Blut gilt jeder Kraftfahrer als fahruntüchtig, ohne dass es auf Fahrfehler ankäme, liegt also "absolute Fahruntauglichkeit" vor. Die relative Fahruntauglichkeit führt hingegen auch bei darunter liegenden Werten zur Strafbarkeit nach § 316 StGB. Damit sie vorliegt, müssen neben der Alkoholisierung des Fahrers allerdings noch weitere Beweisanzeichen hinzukommen. Als Anzeichen einer Fahruntüchtigkeit können Fahrfehler oder sonstige Fahrauffälligkeiten gewertet werden. Man spricht von sogenannten Ausfallerscheinungen. Die Anforderungen an diese weiteren Anzeichen sind dabei umso höher, je niedriger der Grad der festgestellten Alkoholisierung ist.

Anzeichen von Fahrunsicherheit müssen alkoholbedingt sein

Daher führt der Senat hier weiter aus: Bei einem - wie im vorliegenden Fall - niedrigen Wert von 0,41 mg/l müssten diese Anzeichen der Fahrunsicherheit vom Richter nicht nur im Einzelnen näher festgestellt werden, sondern das Gericht müsse auch deutlich machen, weshalb sie als alkoholbedingt eingestuft werden. Handelt es sich nämlich um Fahrfehler, die häufig auch bei nicht alkoholisierten Fahrern passieren, beispielsweise zu schnelles Fahren oder nicht Blinken, kann nicht ohne weiteres unterstellt werden, dass der Fehler mit der Alkoholisierung des Fahrers zusammenhängt. Das hat das Kammergericht gerade bei „sportlicher und herausfordernder Fahrweise“ jüngerer Autofahrer so gesehen . Diese sei bei dieser Gruppe von Fahrern sehr verbreitet und müsse daher nicht notwendigerweise auf eine alkoholische Beeinflussung zurückzuführen sein. Das KG verwies die Strafsache zur Durchführung einer neuen Hauptverhandlung an die Vorinstanz zurück.

Mit seiner Entscheidung folgt der Senat der Ansicht des Bundesgerichtshofs (BGH), wonach das bei einer Alkoholmessung gewonnene Beweisergebnis als Indiz dafür gewertet werden kann, dass der Betreffende fahrunsicher war. Soll eine durch Atemalkoholmessung nachgewiesene alkoholische Beeinflussung zur Grundlage einer Verurteilung wegen Trunkenheit im Verkehr gemacht werden, bedarf es dann zusätzlich weiterer Beweisanzeichen, die auf eine Fahrunsicherheit hindeuten. Dies gilt natürlich ebenfalls für mittels Blutentnahme festgestellte Alkoholwerte im relativen Bereich.
 

Christian Demuth, Rechtsanwalt im Bereich Verkehrsrecht, Düsseldorf: "Je niediger der gemessene Alkoholwert ist, desto genauer müssen die Fahrauffälligkeiten auf die Alkoholwirkung zurückzuführen sein."

 

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