Die Messergebnisse, Messfehler und teils berechtigten Zweifel an der Messgenauigkeit der Blitzer
Das Amtsgericht (AG) Dortmund hat ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingestellt, weil dem Verteidiger die Rohmessdaten und die Bedienungsanleitung des Messgerätes vorenthalten worden waren. Es lag eine richterlichen Verfügung aus dem letzten Hauptverhandlungstermin vor, dem Verteidiger die entsprechenden Daten zur Verfügung zu stellen. Außerdem hatten die betroffene Person und ihr Verteidiger bereits im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde einen entsprechenden Anspruch im Rahmen des Rechts auf ein faires Verfahren geltend gemacht (AG Dortmund, Beschluss vom 14.12.2023, Az: 729 OWi-260 Js 2315/23-135/23).
Vor dem Verfassungsgerichtshof (VGH) Rheinland-Pfalz in Koblenz ist ein Autofahrer damit gescheitert, einen Verstoß gegen das Grundrecht auf ein faires Verfahren geltend zu machen. Er hatte moniert, dass ihm die Rohmessdaten seiner Messung nicht zur Verfügung gestellt werden konnten, da diese vom Blitzer PoliScan Speed M1 erst gar nicht gespeichert werden. In den gegen ihn ergangenen Urteilen sah er deswegen einen Verfassungsverstoß. Der VGH konnte jedoch keinen Verstoß gegen ein in der rheinland-pfälzischen Verfassung verankertes Grundrecht erkennen und wies die Verfassungsbeschwerde zurück (VGH Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 22.07.2022, Az.: VGH B 30/21).
Mitte 2019 hatte der Verfassungsgerichtshof des Saarlandes für viel Beachtung gesorgt, als er entschieden hatte, dass Fotos des Blitzers TraffiStar S350 nicht als Beweis für Bußgeldverfahren geeignet seien. Dem folgten quer durchs Bundesgebiet viele Einsprüche gegen Bußgeldbescheide wegen Geschwindigkeitsübertretungen, die auf Messungen mit dem TraffiStar S350 beruhten. Das Oberlandesgericht (OLG) Dresden hat hingegen klargestellt, dass die Ergebnisse dieses Blitzers durchaus verwertbar sind (OLG Dresden, Beschluss vom 09.11.2020, Az.: OLG 23 Ss 620/20(Z)).
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat eine Verfassungsbeschwerde abgelehnt, bei der es um die gerichtliche Festsetzung eines Bußgeldes aufgrund einer vorgeworfenen Geschwindigkeitsüberschreitung ging. Die Beschwerde richtete sich gegen die Verwertung eines Geschwindigkeitsmessergebnisses, das aufgrund des Einsatzes eines mobilen Geschwindigkeitsmessgeräts des Typs Leivtec XV3 ermittelt wurde. Der Beschwerdeführer argumentierte, dass das Messgerät keine "Rohmessdaten" speichert und somit ein nicht überprüfbares Ergebnis vorliegt (BVerfG, Beschluss vom 20.06.2023, Az.: 2 BvR 1167/20)
Das Oberlandesgericht (OLG) Celle hat das Geschwindigkeitsmessgerät LEIVTEC XV3 als nicht immer zuverlässig eingestuft. Das Gericht sieht bei diesem Blitzer keine hinreichende Gewähr für ein korrektes Messergebnis. Damit fehlt die Grundlage für das sogenannte standardisierte Messverfahren, das es erlaubt, die Messergebnisse eines Blitzers in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren ohne weitere Überprüfung zugrunde zu legen (OLG Celle, Beschluss vom 18.06.2021, Az.: 2 Ss (Owi), 69/21).
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in einem Urteil vom 12.11.2020 verdeutlicht, dass bei Ordnungswidrigkeiten ein faires Verfahren nur dann gewahrt ist, wenn der Betroffene im Ordnungswidrigkeitenverfahren die Möglichkeit hat, das Tatgericht auf Zweifel aufmerksam zu machen und einen entsprechenden Beweisantrag zu stellen. Dazu müssen ihm auch Beweismittel zugänglich sein, die nicht Bestandteil der Bußgeldakte sind. Das betraf im konkreten Fall – der Betroffene war wegen zu hoher Geschwindigkeit von einem Blitzer erfasst worden – unter anderem den Zugang zur Lebensakte des Messgerätes, den Eichschein und die sogenannten Rohmessdaten (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12.11.2020; Az.: 2 BvR 1616/18).