Blitzer-Panne in Düsseldorf: Stadt zieht Bußgeldverfahren zurück

In Düsseldorf gibt es Ärger um die neue Blitzanlage vom Typ PoliScan Speed auf der Fleher Brücke. Die auf dieser Rheinbrücke installierte Anlage blitzt täglich weit über 100 Autos. In einigen Verfahren, in denen mich Betroffene eingeschaltet hatten, kam es ohne nähere Begründung zu Verfahrenseinstellungen durch die Bußgeldbehörde.
Stadt hat ein Softwareupdate nicht aufgespielt
Den Grund erfährt man jetzt aus der Presse: Wie die Westdeutsche Zeitung (WZ) erfahren hat, wurden im Zeitraum vom 24. Juli bis 19. August 2013 insgesamt 292 Verfahren eingestellt, weil die Stadt versäumt hatte, ein vom 24. Juli an gültiges Softwareupdate aufzuspielen. Das Update erfolgte erst am 19. August. Bis dahin wurden noch Fälle mit der alten, überholten Softwareversion bearbeitet.
Vermutlich mehr als 300 unzulässige Messungen
Angesichts der hohen Anzahl von täglich festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitungen ist zu befürchten, dass noch eine wesentlich höhere Anzahl unzulässiger Messungen gegeben hat, als die von der Stadt eingeräumten 292 Verfahren.
Der Hintergrund für den Wechsel der Software ist die Zulassung einer neuen Auswertesoftware mit Datum vom 24.07.2013 für die Vitronic PoliscanSpeed Gerätefamilie. Laut Gerätezulassung sind in der Version (3.45.1) des Programms Tuff-Viewer folgende Verbesserungen enthalten:
- Möglichkeit der Ausgabe von im Falldatensatz enthaltenen Zusatzdaten in einem frei lesbaren Format.
- Automatische Unterdrückung von Falldatensätzen mit Verdeckungsszenarien, welche erwarten lassen, dass die manuelle Anwendung der Auswertekriterien zum Verwerfen des Falldatensatzes führen würde.
Ungewöhnliche Handhabung einer geänderten Auswertesoftware
Ungewöhnlich ist, dass die umgehende Übersendung und Verwendung dieser geänderten Auswertesoftware an die Betreiber durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) zur Auflage gemacht wird. Normalerweise sind bei Zulassung von neuen Softwarevarianten großzügige Übergangsfristen vorgesehen.
Es stellen sich zwei Fragen:
- Wie werden potentiell fehlerhafte Messungen erkannt?
- Warum werden diese fehlerhaften Messungen überhaupt abgespeichert?
Dies legt die Vermutung nahe, dass Verbesserungen, die eigentlich in die Gerätesoftware gehören, in der Auswertesoftware untergebracht werden. Der Auswerterechner ist übrigens nicht eichpflichtig.
Oder, wird hier versucht, die Auswirkungen einer fehlerbehafteten Gerätesoftware für alle ab sofort ausgewerteten Vorgänge zu verdecken?
Nach Meinung der Experten unseres Kooperationspartners zur Bewertung von Beweismitteln im Bereich Verkehrsmesstechnik, der VUT-Sachverständigengesellschaft, gewinnt die Forderung, dass der Hersteller endlich das Format dieser Daten offenlegen muss, so auf jeden Fall weiter an Bedeutung.
Viele offene Fragen rund um die Messungen
Hinzu kommt, dass die neue Auswertesoftware aus den üblicherweise mehreren hundert (dem Fahrzeug zugeordnet) bzw. mehreren zehntausend Messpunkten (im gesamten Messzeitraum) ganze fünf Messpunkte zur Berechnung heranzieht. Somit können fünf Punkte, die nun offengelegt werden, die Korrektheit der Messung nicht belegen.
Über die oben genannte Forderung der Offenlegung der Datenstruktur, Verschlüsselung etc. hinaus ist auch zu fordern, dass in allen, auch nur ansatzweise strittigen Fällen sowohl die Messdatei des Betroffenen als auch die Dateien der kompletten Messserie dem Gutachter zur Überprüfung zur Verfügung zu stellen sind.
Christian Demuth, Düsseldorf
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