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Einwendungen gegen die Richtigkeit von Geschwindigkeitsmessungen mit PoliScan speed

Geschwindigkeitsmessung mit einem mobilen Blitzer. Foto: Robert Poorten - stock.adobe.com

Das Messverfahren PoliScan speed der Herstellerfima Vitronic beruht auf einer Laserpuls-Laufzeitmessung. Das Gerät sendet Lichtimpulse unter einem bestimmten Winkel aus, die nach der Reflexion von einem Objekt zum Gerät zurückgelangen und dort ausgewertet werden. Die Geschwindigkeit eines zu messenden Fahrzeugs wird durch eine Weg-Zeit-Berechnung der einzelnen Laserimpulse zum dem reflektierenden Objekt (Fahrzeug) ermittelt.

Hat ein von PoliScan erfasstes Fahrzeug danach einen zuvor eingestellten Geschwindigkeitsgrenzwert überschritten, wird es von Digitalkameras fotografiert (Registrierbild). Die Fotoauslösung erfolgt bei PoliScan speed in der Regel erst zu einem Zeitpunkt, in welchem die Messstrecke bereits durchfahren wurde, mithin verzögert. Der Bereich, in dem die Messung stattgefunden hat, ist auf dem Beweisbild nicht erfasst. Er liegt in einer Entfernung von 75 bis 10 m vor der eigentlichen Kamera. Der konkrete Messbereich liegt 50 bis 20 m vor dem Messgerät. Das Messgerät löst die Aufnahme aus, wenn sich das erfasste Fahrzeug zu einem vorberechneten Zeitpunkt auf Höhe der Fotoposition befinden soll.

Hier liegt die Achillesferse von Messungen mit PoliScan speed

Zwischen Messbereich und Fotoposition sind zahlreiche Szenarien denkbar, die sich ereignen können und deshalb dazu führen, dass die auf dem Foto erkennbare Konstellation verfälscht bzw. abweichend dargestellt ist. Beispielsweise kann das gemessene Fahrzeug einen Spurwechsel durchgeführt, gebremst oder beschleunigt haben. Es kann ein anderes Fahrzeug die errechnete Fotoposition früher erreicht haben.

In der innerstaatlichen Bauartzulassung und der Anforderung der Physikalisch-Technischen-Bundesanstalt (PTB) heißt es deshalb:

„Das Registrierbild muss die Zone der Messwertbildung abbilden (z.B. Verlauf der Messbasis, Verlauf der Messstrahlung bei Verkehrsradargeräten.)“

PoliScan speed erfüllt diese Zulassungsanforderungen nicht

Die Zuordnung der vom Messgerät PoliScan speed errechneten Geschwindigkeit zum abgebildeten Fahrzeug soll durch einen vom Gerät in das Beweisfoto hineinprojizierten Auswerterahmen gewährleistet sein. Dieser Auswerterahmen sollte mittig auf der abgebildeten Fahrzeugfront sitzen, zumindest einen Teil des Kennzeichens oder des Vorderrades umschließen und unterhalb der Räder der Vorderachse enden.

In der Praxis zeigt sich, dass der Auswerterahmen häufig seitlich verschoben oder ungewöhnlich schmal ist. Von Sachverständigen ist nachgewiesen worden, dass solche Konstellationen Anlass zu Zweifeln an der Ordnungsgemäßheit der Messung begründen.

Nur durch Einsichtnahme in den kompletten Falldatensatz der Messung, einschließlich der über den Hersteller des Messgerätes vorgenommenen Verschlüsselung kann sich ein Gericht daher überhaupt erst nachträglich von der Richtigkeit des ausgewiesenen Geschwindigkeitswertes überzeugen. Das Messergebnis ist sonst schlichtweg nicht objektiv nachvollziehbar. Es mangelt an der verfassungsmäßig gebotenen Möglichkeit der nachträglichen Richtigkeitskontrolle.

Herausgabe des Zugangsschlüssels beantragen

Betroffene sollten daher bei der Ordnungsbehörde bereits im Vorverfahren sowie bei Gericht beantragen, dass die Bußgeldbehörde zur Herausgabe des Zugangsschlüssels zu den vom Hersteller verschlüsselten Rohmessdaten und zur Information, wie diese Daten verschlüsselt sind, verpflichtet wird, damit das Gericht den Falldatensatz auswerten kann. (Das Gericht wird sich hierfür der Hilfe eines Sachverständigen zu bedienen haben, da die eigene Sachkunde insoweit nicht gegeben ist. Aus Kostengründen ist es daher sinnvoll, auf das Bestehen des Deckungsschutzes einer Rechtsschutzversicherung zu achten).

Das Landgericht Halle (Beschluss vom 05.12.2013, Az.: 5 O 110/13) hat entschieden, dass die im Rahmen einer entsprechenden Messung angelegten Rohmessdaten im Eigentum der die Messung durchführenden Behörde stehen. Somit hat die Behörde im Zweifel einen Anspruch gegen den Hersteller des Messgerätes auf Herausgabe des Zugangscodes zu ihren eigenen Daten. Sollte die Behörde den Zugangscode nicht herausgeben, kann der Bußgeldrichter eine Hausdurchsuchung und Beschlagnahme dieses Beweismittels beim Hersteller anordnen.

Die digitale Messdatei muss in die Hauptverhandlung eingeführt werden. Die Bezugnahme auf lediglich das Messfoto durch das Gericht stellt einen schwerwiegenden Verfahrensmangel dar.

Christian Demuth, Düsseldorf
Rechtsanwalt l Fachanwalt für Strafrecht
Verkehrsrecht l Verkehrsstrafrecht l Bußgeldrecht 

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