Chance gegen Strafzettel: Gesetzeslücke macht viele Verkehrsschilder ungültig
Wer hätte gedacht, dass der deutsche Schilderwald für Autofahrer auch einmal was Gutes haben könnte? Bei der Novellierung der Straßenverkehrsordnung (StVO) im September 2009 ist es zu einer Panne gekommen, die für etliche Verkehrssünder die Rettung vor dem Knöllchen bedeuten kann. Im Zuge der Gesetzesnovelle wurden alle vor 1992 gestalteten Verkehrsschilder ungültig, darunter auch Schilder für Überholverbot, zulässiger Höchstgeschwindigkeit, Halteverbot und Fußgängerüberweg. Ein Ansatzpunkt für den Rechtsanwalt.
Meist unterscheiden sich diese Schilder nur in Details vom modernen Pendant. So hat zum Beispiel das Tempo-30-Schild nur einen andere Schrifttyp bekommen und die stilisierten Fahrzeuge auf dem Überholverbotsschild zeigen nur eine modernere Silhouette.
Auf deutschen Straßen gibt es zurzeit jede Menge Verkehrsschilder ohne Wirkung
In Paragraph 53 Absatz 9 der StVO gab es bislang eine Übergangsklausel, die geregelt hat, dass die alten Schilder mit den altmodischen Motiven ihre Gültigkeit bis 2019 behalten, falls sie nicht vorher gegen die modernisierten Varianten ausgetauscht werden. Mit dem Austausch haben sich Bund, Kreise und Kommunen daher oft viel Zeit gelassen. Der Schilderwechsel kostet schließlich Geld. Diese gesetzliche Übergangsklausel ging im Zuge der Überarbeitung der StVO vom 1. September 2009 aber im Dschungel der Bürokratie verloren. Sie wurde bei der Novelle schlichtweg vergessen. Die Konsequenz: Sämtliche 88 Schildertypen, für die 1992 neuere Versionen eingeführt wurden, haben keine Gültigkeit mehr. Im Klartext: Auf deutschen Straßen gibt es zurzeit jede Menge Verkehrsschilder ohne Wirkung.
In der StVO nicht vorgesehene Zeichen sind nichtig - Einspruch lohnt
Regelungswirkung haben nämlich ausschließlich die in der StVO vorgesehenen Verkehrszeichen. In der StVO nicht vorgesehene Zeichen sind ungültig, also nichtig. Somit gibt es in Fällen der Missachtung eines solchen „altmodischen“ Verkehrszeichens auch keine Ermächtigungsgrundlage für ein Bußgeld. Grundlage kann nur ein gültiges Verkehrsschild sein.
Das bedeutet gute Aussichten für Auto- und Kradfahrer, sich mit einem Einspruch erfolgreich gegen einen Bußgeldbescheid und Punkte in Flensburg fürs Rasen oder Überholen zu wehren. Wer den Verstoß nach einem abgelaufenen Verkehrszeichen begangen hat, darf auch nicht abkassiert werden. Gleiches gilt für Knöllchen wegen Falschparkens nach einem veralteten Halteverbotsschild. Entstehen deswegen aber Kosten fürs Abschleppen müssten diese allerdings bezahlt werden, da das Verkehrsschild als Verwaltungsakt seine Wirksamkeit behält. Ähnliches gilt für die Haftung bei Unfällen infolge der Nichtbeachtung eines veralteten Verkehrsschildes. Ein abgelaufenes Schild vermag jedoch keine Rechtsgrundlage für ein Bußgeld darzustellen.
Christian Demuth, Düsseldorf, als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht im Bereich Verkehrsrecht tätig: "Weil die Schilder nun verstärkt ausgetauscht werden, ist es ratsam, die entsprechende Beschilderung zu Beweiszwecken zu fotografieren."
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