Was ist Nötigung im Straßenverkehr?
Ersttäter einer Nötigung im Straßenverkehr erwartet regelmäßig eine Geldstrafe von 20 bis 40 Tagessätzen und ein Fahrverbot von bis zu drei Monaten. Mit einem Schuldspruch gemäß § 240 Strafgesetzbuch (StGB) ist außerdem die Eintragung von fünf Punkten im Verkehrszentralregister verbunden.
Eine Nötigung begeht, wer einen anderen Menschen vorsätzlich und rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt. Strafbar ist also der Angriff auf die freie Willensentscheidung eines anderen. Doch im Straßenverkehr ist nicht jeder vorsätzliche Regelverstoß, der ein Nötigungselement enthält, als strafbare Nötigung im Sinne des § 240 StGB anzusehen. Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat dies in einer Entscheidung vom 24.6.2008 sehr schön dargelegt (Az.: 4 Ss 220/08). Dort heißt es:
Die jedermann zugängliche Erfahrung lehrt, dass "im heutigen Straßenverkehr sich Verkehrsteilnehmer ständig gegenseitig irgendwie behindern". Für solche Fälle stellt die Rechtsordnung ein abgestuftes System von Sanktionen bereit: Wer vorsätzlich gegen eine Verkehrsregel verstößt und dadurch einen anderen behindert, handelt regelmäßig nach § 49 Straßenverkehrsordnung (StVO) „nur“ ordnungswidrig i.S. von § 24 Straßenverkehrsgesetz (StVG). Begeht er dabei eine der "sieben Todsünden" im Straßenverkehr und führt das zu einem "Beinahe-Unfall" macht er sich nach § 315 c StGB wegen Gefährdung des Straßenverkehrs strafbar. Setzt er das von ihm geführte Kraftfahrzeug in verkehrsfeindlicher Einstellung bewusst zweckwidrig mit der beabsichtigten Folge eines "Beinahe-Unfalls" ein, ist er nach § 315 b StGB wegen eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr zu bestrafen.
Nach allgemeiner Rechtsmeinung erfüllen bestimmte Verhaltensweisen im Straßenverkehr den Straftatbestand der Nötigung i.S. des § 240 StGB. Das sind namentlich die Fälle, in denen ein Kraftfahrer dicht und bedrängend auf seinen Vordermann auffährt, seinen Hintermann - aus welchen Gründen auch immer - absichtlich "ausbremst" oder vorsätzlich einen unerwünschten Verfolger "abdrängt". Gemeinsamer Nenner dieser und ähnlicher Fälle ist, dass die Einwirkung auf den anderen Verkehrsteilnehmer nicht die bloße Folge, sondern der Zweck des verbotswidrigen Verhaltens ist. Der Erfolg - dass der andere den Weg freimacht, bremsen muss oder nicht überholen kann - ist für den Täter "das Ziel seines Handelns".
Rücksichtsloses Überholen in der Regel keine Nötigung
Auf den "bloß" rücksichtslosen Überholer trifft das in aller Regel nicht zu. Sein Ziel ist, schneller voranzukommen. Dass dies auf Kosten anderer geschieht, ist nur die in Kauf genommene Folge seiner Fahrweise. Ein Schuldspruch wegen Nötigung scheidet in einem solchen Fall aus.
Erläuternder Hinweis: Die oben angesprochenen „Sieben Todsünden“ im Straßenverkehr, die im Zusammenhang mit einem „Beinahe-Unfall“ zum Vorwurf der Straßenverkehrsgefährdung gemäß § 315 c StGB führen können, sind:
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Vorfahrt nicht beachten
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Falsch überholen oder sonst bei Überholvorgängen falsch fahren
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Falsch fahren an (nicht beampelten) Fußgängerüberwegen
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Zu schnell fahren an unübersichtlichen Stellen, an Straßenkreuzungen, Straßeneinmündungen oder Bahnübergängen
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Nichteinhalten der rechten Fahrbahnseite an unübersichtlichen Stellen
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Wenden, Rückwärtsfahren oder entgegen der Fahrtrichtung fahren auf Autobahnen oder Kraftfahrstraße
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Haltende oder liegengebliebene Fahrzeuge nicht auf ausreichende Entfernung kenntlich machen, obwohl dies zur Sicherung des Verkehrs erforderlich ist
Tipp für Beschuldigte
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Gegenüber der Polizei niemals und unter keinen Umständen Angaben zur Sache machen. Sie könnten sich mit einer Äußerung zum Beweismittel gegen sich selbst machen.
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Schriftliche Anhörung /Äußerungsbogen nicht an die Polizei zurücksenden
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Einer polizeilichen Vorladung niemals Folge leisten – weder als Beschuldigter noch als Zeuge. Es gibt keine entsprechende Pflicht.
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