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Unfallflucht - Geschädigter darf auf Polizei bestehen

Unfallflucht - Geschädigter darf auf Polizei bestehen

In einer aktuellen Entscheidung betont das Oberlandesgericht (OLG) Hamm die Pflicht des Unfallverursachers am Unfallort auf das Eintreffen der Polizei zu warten, wenn der Geschädigte darauf besteht. Ein Unfallbeteiligter, der den Wunsch eines Geschädigten ignoriert, dass die Polizei den Unfall aufnehmen soll, macht sich selbst dann strafbar, wenn er dem Geschädigten gegenüber seine Schuld sofort pauschal anerkennt und seine Personalien angibt (Beschluss vom 19.02.2008, Az.: 1 Ss 441/07).

In dem zugrunde liegenden Fall hatte ein junger Mann, der nachts im Auto seines Vaters unterwegs war, einen Verkehrsunfall mit 1.000 € Schaden verursacht. Der Unfallverursacher ging sofort zum Geschädigten und bot ihm an, unverzüglich für die Regulierung des Schadens zu Sorgen. Der Geschädigte bestand jedoch darauf die Polizei zu rufen. Daraufhin parkte der Unfallverursacher sein Fahrzeug am Straßenrand und ging zu Fuß weg. Das Gericht verurteilte den jungen Fahrer zu einer Strafe wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort, weil er das Feststellungsinteresse des Geschädigten nicht erfüllt hatte.

Beteiligte müssen an der Aufklärung des Unfallgeschehens mitwirken

Nach Ansicht der Richter reiche - zumindest in den Fällen, in denen der Unfallschaden nicht unerheblich ist - ein pauschales Schuldanerkenntnis in Verbindung mit der Angabe der Personalien nicht aus, um dem strafrechtlich geschützten Interesse des Geschädigten an einer umfassenden Aufklärung des Unfallgeschehens zu genügen. Der Geschädigte sei befugt  zur Aufklärung des Unfalls - nach den in § 142 Abs. 1 Nr. 1 Strafgesetzbuch (StGB) aufgezählten Kriterien - die Hilfe der Polizei in Anspruch zu nehmen. Diese Kriterien umfassen die Feststellung der Personalien des Unfallbeteiligten, die Feststellung seines Fahrzeugs und die Art seiner Beteiligung. Die Vorschrift des § 142 StGB statuiert die Pflicht eines jeden Unfallbeteiligten, diese Bestandsaufnahme zu ermöglichen. Der Geschädigte kann die erforderlichen Feststellung selbst in Gegenwart des Schädigers treffen, muss dies jedoch nicht und darf sich auch der Hilfe der Polizei bedienen.

Wenn nach einem Verkehrsunfall einer der Unfallbeteiligten darauf besteht, dass die Polizei den Unfall aufnimmt, muss man daher unbedingt bis zum Eintreffen der Polizei warten. Nur wenn der Geschädigte unmissverständlich sein Einverständnis erklärt, dass er auf die Hinzuziehung der Polizei verzichtet, darf man sich nach dem Ermöglichen der erforderlichen Feststellungen vom Unfallort entfernen. Im Juristendeutsch wird vom „Berechtigten-Sich -Entfernen“ gesprochen.

Kein Unfallbeteiligter muss sich selbst belasten

Die erforderlichen Feststellungen zu ermöglichen, heißt natürlich nicht, dass man sich selbst belasten muss. Von einem pauschalen Schuldanerkenntnis ist dringend abzuraten! Dies wird vom Gesetz nicht verlangt. Als Unfallbeteiligter genügt man seiner gesetzlichen Pflicht bereits dadurch, dass man

  • selbst
  • mit dem von selbst benutzten Fahrzeug an der Unfallstelle anwesen bleibt
  • sich als Unfallbeteiligter vorstellt

Streng genommen, durchbricht der die von § 142 StGB dem Unfallbeteiligten auferlegte Verhaltenspflicht das rechtsstaatliche Verbot der Selbstbelastungspflicht schon dadurch, dass man sich am Unfallort zur Verfügung halten muss. Mehr als den Satz „Ich bin an dem Unfall beteiligt“ muss und sollte man nicht über die Lippen bringen. Eine weitergehende Einschränkung des Auskunftsverweigerungsrechts gibt es nämlich nicht.
 

Christian Demuth, Rechtsanwalt im Bereich Verkehrsrecht, Düsseldorf: "Pauschale Schuldanerkenntnisse sind außerordentlich problematisch. Grundsätzlich muss und sollte man nach einem Unfall nicht mehr als 'Ich bin an dem Unfall beteiligt' über die Lippen bringen."

 

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Christian Demuth
Fachanwalt für Strafrecht

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