Eine einmal festgestellte Cannabisabhängigkeit erlischt nicht durch Zeitablauf
Ist bei einem Fahrerlaubnisinhaber in der Vergangenheit eine Cannabisabhängigkeit festgestellt worden, kann ein erneuter Konsum die zwischenzeitlich wieder erteilte Fahrerlaubnis gefährden. Und das gilt, wie eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Lüneburg zeigt, auch dann, wenn der im Blut festgestellte THC-Gehalt nicht so hoch ist, dass er unmittelbar zum Wegfall der Fahrerlaubnis führt. Denn bereits die Kombination aus festgestellter Abhängigkeit und erneutem Konsum kann die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) rechtfertigen (OVG Lüneburg, Beschluss vom 20.07.2021, Az.: 12 ME 79/21).
Verhaltensstörung durch Cannabinoide attestiert
Der betroffene Fahrerlaubnisinhaber hatte seine Fahrerlaubnis im Jahr 2004 verloren und im Jahr 2014 die Wiedererteilung beantragt. In dem von ihm vorgelegten medizinisch-psychologischen Gutachten wurde ihm aufgrund eines Cannabiskonsums vom März 1998 bis zum Jahr 2013 eine psychische und Verhaltensstörung durch Cannabinoide/Abhängigkeitssyndrom attestiert. Ein in einem solchen Fall grundsätzliche Entwöhnungsbehandlung hatte es nicht gegeben. Gleichwohl bejahte das Gutachten die Kraftfahreignung des Mannes, der daraufhin im Oktober 2015 erneut eine Fahrerlaubnis erhielt.
Gutachten nicht vorgelegt, Fahrerlaubnis entzogen
Im März 2019 wurde bei einer Polizeikontrolle ein THC-Gehalt von unter 1,0 ng/ml und ein THC-COOH-Gehalt von 8,8 ng/ml bei dem Mann festgestellt, was für sich allein noch nicht die Fahreignung in Frage stellt. Daraufhin forderte ihn die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens auf. Wobei die Behörde darauf hinwies, dass angesichts des erneuten Konsums eigentlich unmittelbar von einer Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen auszugehen sei, sie jedoch bereit sei, dem Mann durch Vorlage einer MPU Gelegenheit zu geben, die an seiner Fahreignung bestehenden Bedenken auszuräumen. Da der Mann kein Gutachten vorlegte, entzog die Behörde ihm die Fahrerlaubnis und ordnete sofortige Vollziehung an.
Nach Abhängigkeit bleibt eine hohe Rückfallgefahr bestehen
Und das zu Recht, wie das OVG bestätigte. Das Gericht stellte klar, dass eine einmal festgestellte Abhängigkeit nicht durch Zeitablauf oder eine erfolgreiche Entwöhnung erlischt. Vielmehr bleibt dem Gericht zufolge generell eine hohe Rückfallgefahr bestehen, zu deren Abwehr eine dauerhafte, das heißt grundsätzlich lebenslange Abstinenz erforderlich ist. Diese für Alkohol vorgegebene Regelung gilt laut OVG wegen des noch höheren Gefährdungspotentials erst recht für die Abhängigkeit von Betäubungsmitteln. Inhalt einer Untersuchung ist demzufolge auch die Frage, ob eine stabile Abstinenz besteht.
Rückfall in festgesetllte Cannabisabhängigkeit stand zur Diskussion
Das Gericht machte deutlich, dass im Hinblick hierauf auch die zwischenzeitliche Wiedererteilung der Fahrerlaubnis keine Zäsur darstellt, die zu einer Unverwertbarkeit der alten Erkenntnisse führt. Es gehe also auch nicht um die Frage, ob angesichts des neuerlichen THC-Wertes auf eine Cannabisabhängigkeit geschlossen werden könne, sondern darum, ob sich daraus Anhaltspunkte für einen Rückfall in die bereits gutachterlich festgestellte Cannabisabhängigkeit ergeben. Und das sah das Gericht allein schon deswegen als gegeben an, weil dem Fahrerlaubnisinhaber psychische und Verhaltensstörungen durch Cannabinoide bescheinigt worden waren und es auch keine erfolgreich abgeschlossene Entwöhnungsbehandlung gegeben hatte.
Christian Demuth, Düsseldorf
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