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Ein Augenblickversagen muss schlüssig begründet werden

Das Gericht muss prüfen, ob die Angaben eines Beschuldigten zum Augenblickversagen nachvollziehbar sind. Foto: monticellllo - stock.adobe.com

Das sogenannte Augenblickversagen kann helfen, dass es trotz eines Verkehrsverstoßes nicht zur Anordnung eines Fahrverbotes kommt. Legt ein Gericht seiner Entscheidung ein solches Augenblicksversagen zugrunde, genügt es jedoch nicht, sich auf die Darstellung des betroffenen Fahrers zu stützen. Vielmehr muss das Gericht, wie eine Entscheidung des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (OLG) zeigt, in seiner Entscheidung die tatrichterlichen, auf nachvollziehbaren Anknüpfungstatsachen beruhenden Erwägungen darstellen, aufgrund derer ein rechtfertigender Ausnahmefall angenommen wurde, der zu einem Verzicht auf das Fahrverbot geführt hat (Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 01.07.2019, Az.: (1 B) 53 Ss-OWi).

Gericht muss auf Gründe für ein Augenblickversagen eingehen

Konkret ging es um eine übersehene Ampel. Der Fahrer hatte nach einer drei Sekunden dauernden Gelbphase das Rotlicht 1,1 Sekunden missachtet, die Haltelinie überfahren und war in den geschützten Kreuzungsbereich eingefahren. Dafür hatte es von der Bußgeldstelle ein Bußgeld in Höhe von 200 € sowie ein Fahrverbot von einem Monat gegeben. Das Amtsgericht hatte dann basierend auf der Schilderung des Fahrers ein einmaliges Augenblickversagen ausgemacht und das Bußgeld auf 90 € gesenkt und von der Anordnung eines Fahrverbotes abgesehen.

Auf Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft hob das OLG die Entscheidung jedoch auf und verwies das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts zurück. Entscheidend dafür war, dass das Amtsgericht nicht hinreichend auf die Gründe für die Annahme eines Augenblickversagens eingegangen war.

Kurze Unachtsamkeit kann Absehen vom Fahrverbot ermöglichen

Grundsätzlich kommt bei der Missachtung einer schon länger als einer Sekunde dauernden Rotphase an einer Ampel die Anordnung eines Fahrverbotes in Betracht. Die beruht darauf, dass es sich um einen groben Verstoß handelt, der ein derart hohes Maß an Verantwortungslosigkeit im Straßenverkehr offenbart, dass es regelmäßig der Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme eines Fahrverbotes bedarf. Hiervon kann abgesehen werden, wenn der Verkehrsverstoß nicht auf einer groben Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers beruht, sondern lediglich auf einer augenblicklichen Unachtsamkeit, die jedem sorgfältigen und pflichtbewussten Verkehrsteilnehmer einmal unterlaufen kann.

Grob pflichtwidriger Wahrnehmungfehler

Den Feststellungen der Vorinstanz war im konkreten Fall zwar zu entnehmen, dass der Fahrer einem anderen Fahrzeug hinterhergefahren ist, das kurz zuvor auf seinen Fahrstreifen gewechselt war, und er dadurch das Rotlicht nicht rechtzeitig wahrgenommen hatte. Allerdings könnte schon dieser Wahrnehmungsfehler, worauf die Staatsanwaltschaft hinwies, seinerseits als grob pflichtwidrig angesehen werden. Denn zusätzlich zur Rotphase der Ampel muss der Betroffene auch schon die vorherige, drei Sekunden dauernde Gelbphase der Lichtzeichenanlage übersehen haben. Und das ließ sich aus Sicht der Staatanwaltschaft, der sich das OLG anschloss, nicht ohne weitere Feststellungen mit dem plötzlichen Spurwechsel des vorausfahrenden Fahrzeugs erklären. Die Staatsanwaltschaft wies darauf hin, dass in einem solchen Fall dem Betroffenen der Vorwurf gemacht werden könnte, dass er keine hinreichenden Anstrengungen unternommen hat, sich selbst von der Ampelschaltung in Kenntnis zu setzen. Zu diesem Komplex, also dem Zeitfenster von insgesamt 4,1 Sekunden, erhielt die Entscheidung des Amtsgerichts jedoch keinerlei Details.

Christian Demuth, Düsseldorf
Rechtsanwalt l Fachanwalt für Strafrecht
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