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Gericht kippt Fahrtenbuchauflage – Bußgeldbehörde ermittelte nicht gründlich genug

Ermittelt die Bußgeldbehörde unzulänglich, ist eine Fahrtenbuchauflage nicht gerechtfertigt. Bild: KI-generiert

Eine Frau aus dem Rhein-Erft-Kreis muss kein Fahrtenbuch führen – das entschied das Oberverwaltungsgericht (OVGT) NRW. Die Behörde habe bei der Fahrerermittlung nach einer Tempoüberschreitung nicht alle zumutbaren Maßnahmen ausgeschöpft. Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die Pflichten der Behörden im Ordnungswidrigkeitenverfahren (OVG NRW, Beschluss vom 30.05.2023, Az.: 8 A 2361/22).

Unzureichende Ermittlungen nach Geschwindigkeitsverstoß

Am 25. Dezember 2021 wurde mit dem Auto der Klägerin innerorts die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 26 km/h überschritten – ein Verstoß, der mit einem Bußgeld von 180 Euro, einem Punkt und bei Wiederholung mit einem Fahrverbot geahndet wird. Das Radarfoto zeigte deutlich einen jungen Mann am Steuer. Die Fahrzeughalterin machte als Zeugin von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch. Nachdem ein Außendienstmitarbeiter der Straßenverkehrsbehörde die Frau nicht an ihrem Wohnort antraf und die Ermittlungen erfolglos blieben, stellte die Behörde das Bußgeldverfahren ein. Stattdessen wurde sie verpflichtet, für zwölf Monate ein Fahrtenbuch zu führen – eine Maßnahme, gegen die sie vor Gericht zog.

Gericht: Tatverdächtigen hätte man leicht ermitteln können

Im Verfahren argumentierte die Klägerin, dass es sich bei dem Fahrer um ihren im Haushalt lebenden Sohn handelte. Die Behörde hätte durch eine einfache Anfrage bei der Meldebehörde und einen Abgleich mit vorhandenen Fotos im Personalausweisregister den Fahrer identifizieren können, so die Klägerin. Das Verwaltungsgericht Köln wies die Klage zunächst ab. In der Berufungsinstanz sah das OVG NRW den Fall anders: Eine Fahrtenbuchauflage sei nur dann rechtmäßig, wenn die Feststellung des Fahrers unmöglich sei – das sei hier nicht der Fall gewesen. Die Richter betonten, dass die Bußgeldstelle naheliegenden, einfachen Ermittlungsansätzen hätte nachgehen müssen. Gerade weil sich die Halterin auf ein Zeugnisverweigerungsrecht berief, hätte die Behörde auf einen Täter aus dem Familienkreis schließen können.

Fahrtenbuchauflage als letztes Mittel – nicht bei behördlicher Nachlässigkeit

Das Gericht kritisierte, dass die Straßenverkehrsbehörde es versäumt hatte, Standardmaßnahmen wie die Anfrage bei der Meldebehörde durchzuführen. Ein Fotoabgleich mit im Haushalt gemeldeten Personen wäre in diesem Fall ohne großen Aufwand möglich und auch üblich gewesen. Nach Ansicht der Richter hätte dies mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Identifizierung des Sohnes der Klägerin geführt. Damit sei die Fahrtenbuchauflage nicht gerechtfertigt.

Christian Demuth, Düsseldorf
Rechtsanwalt l Fachanwalt für Strafrecht
Verkehrsrecht l Verkehrsstrafrecht l Bußgeldrecht

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