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Deutscher Verkehrsgerichtstag spricht sich für eine Überarbeitung der Cannabis-Grenzwerte aus

Der Verkehrsgerichtstag sieht die Zeit für eine Überarbeitung der Cannabis-Grenzwerte gekommen. Foto: S.Price - stock.adobe.com

Es war der 60. Deutsche Verkehrsgerichtstag, der am 19. August 2022 in Goslar zu Ende ging. Ein Jubiläum, das coronabedingt nicht zum üblichen Zeitpunkt Ende Januar stattfinden konnte, sondern ausnahmsweise in den Sommer verlegt werden musste. Viele wichtige Themen des Verkehrsrechts standen auf der Tagesordnung. Hier die wichtigsten Empfehlungen, mit denen sich der Gesetzgeber und viele andere Bereiche in den kommenden Monaten auseinandersetzen sollten:

Cannabis im Straßenverkehr

Für die Teilnehmer des entsprechenden Arbeitskreises steht fest, dass der Konsum von Alkohol oder Cannabis und die Teilnahme am Straßenverkehr im Sinne der Verkehrssicherheit grundsätzlich voneinander zu trennen sind. Gleichwohl sehen sie ein praktisches Problem bei der Bewertung der Verkehrsteilnahme unter Einfluss von Cannabis. Denn nach dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft können für Cannabis weder im Strafrecht noch im Ordnungswidrigkeitenrecht Grenzwerte festgelegt werden, die der Aussagekraft der Grenzwerte für Alkohol entsprechen.

Laut Arbeitskreis liegt der derzeitige Grenzwert von 1,0 ng THC pro ml Blutserum so niedrig, dass er zwar den Nachweis des Cannabiskonsums ermöglicht, jedoch nicht zwingend einen Rückschluss auf eine Wirkung zulässt, die die Verkehrssicherheit gefährdet. Die Fachleute befürchten, dass in einem nicht vertretbaren Umfang Betroffene sanktioniert werden, bei denen sich eine mögliche Verminderung der Fahrsicherheit aus wissenschaftlicher Sicht nicht tragfähig begründen lässt.

Vor diesem Hintergrund empfiehlt der Arbeitskreis dem Gesetzgeber, den derzeit angewandten Grenzwert von 1,0 ng THC pro ml Blutserum angemessen heraufzusetzen.

Beurteilung der Fahreignung durch das Strafgericht und die Fahrerlaubnisbehörde

Bei diesem Thema sieht der zuständige Arbeitskreis keinen Handlungsbedarf. Die Doppelkompetenz solle, so die Meinung der Experten, beibehalten werden. Aus ihrer Sicht ist die Bindungswirkung der strafrichterlichen Entscheidung gegenüber der Fahrerlaubnisbehörde dadurch sichergestellt, dass das Strafgericht nachvollziehbar begründen muss, warum es den Angeklagten für fahrgeeignet hält und es von einer Entziehung der Fahrerlaubnis absieht. Allerdings sieht der Arbeitskreis Nachholbedarf bei der Fortbildung im Verkehrsverwaltungsrecht bei den Strafgerichten, den Strafverfolgungsbehörden und in der Anwaltschaft.

Angemessene Rechtsfolgen im Ordnungswidrigkeitenrecht

Dieser Arbeitskreis spricht sich dafür aus, neben Geldbuße und Fahrverbot auch verkehrspsychologische Maßnahmen und vergleichbare Interventionen zur Verhaltensänderung zu stärken und das Instrumentarium der Ahnung so zu erweitern. Zudem hält der Arbeitskreis in geeigneten Fällen ein Fahrverbot auf Bewährung für angebracht.

Den Gesetzgeber fordert er auf, einen Regelungskatalog für ein Absehen vom Fahrverbot zu erstellen, in dem insbesondere berufliche, familiäre und finanzielle Aspekte sowie Maßnahmen zur Verhaltensänderung zu würdigen sind. Die Experten versprechen sich davon eine bundeseinheitliche Gleichbehandlung und eine höhere Akzeptanz der Entscheidungen. Zudem soll künftig bisher regelkonformes Verhalten bei einem erstmaligen Verkehrsverstoß im Rahmen der Verhältnismäßigkeit berücksichtigt werden.

Über diese Schwerpunkte hinaus beschäftigte sicher der Verkehrsgerichtstag unter anderem mit der Frage, wie der zunehmende Radverkehr mit einer erhöhten Verkehrssicherheit in Einklang gebracht werden kann. Die Liste der Empfehlungen sieht unter anderem einen Ordnungswidrigkeitentatbestand für das Radfahren unter Alkoholeinfluss vor. Kritisiert wurde, dass eine 2017 vom Verkehrsgerichtstag ausgesprochene Empfehlung zum Ausbau von Fahrradstaffeln bisher nur unzureichend umgesetzt wurde.

Christian Demuth, Düsseldorf
Rechtsanwalt l Fachanwalt für Strafrecht
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