Bußgelder und schlimmere Folgen für den Fahrerlaubnisinhaber bei Geschwindigkeitsüberschreitungen

Im Fall einer vergleichsweise geringen Geschwindigkeitsübertretung von 22 km/h bei einer Geschwindigkeitsbeschränkung auf 60 km/h kann nicht automatisch davon ausgegangen werden, dass der Fahrer diese Überschreitung auch wahrgenommen hat. Und damit kann, wie das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken festgestellt hat, nicht automatisch auf ein vorsätzliches Handeln bzw. ein billigendes Inkaufnehmen geschlossen werden. Da die Verurteilung zu einer Geldbuße in Höhe von 140 € im konkreten Fall jedoch genau auf der Annahme beruhte, der Fahrer habe die zu hohe Geschwindigkeit bemerken müssen, hob das OLG die Entscheidung der Vorinstanz auf und wies den Fall zur erneuten Verhandlung zurück (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 11.07.2022, Abz.: 1 OWi 2 SsBs 39/22).

Gibt es eine Verkehrsordnungswidrigkeit und der Fahrer kann nicht ermittelt werden, droht dem Halter des Fahrzeugs ein Fahrtenbuch. Dass den Halter ein solches auch ereilen kann, wenn er zugibt, selbst die Zuwiderhandlung begangen zu haben, ist auf den ersten Blick etwas überraschend. Das Verwaltungsgericht (VG) Mainz hat allerdings klargestellt, dass eine Fahrtenbuchauflage durchaus zulässig ist, wenn die Angabe, Fahrer gewesen zu sein, nicht nachvollziehbar ist und letztlich nur dazu dient, den wahren Fahrer zu verschleiern, sodass dieser nicht ermittelt werden kann (VG Mainz, Beschluss vom 02.03.2022, Az.: 3 L 68/22.MZ).

Pech für den Fahrer eines durchzugsstarken Fahrzeugs: Als er nach einem sogenannten Kavalierstart an einer innerörtlichen Ampel ein Fahrzeug neben sich sah, das ihn überholen wollte, vermutete er am Steuer einen Rennkonkurrenten. Er gab Gas und beschleunigte auf mindestens 117 km/h. Das zweite Fahrzeug war jedoch nicht an einem Rennen interessiert, sondern es handelte sich um eine Zivilstreife, die den Fahrer wegen des Kavalierstarts einer Verkehrskontrolle unterziehen wollte und deshalb zum Überholen angesetzt hatte. Letztlich wurde der Fahrer wegen eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens zu einer Geldstrafe verurteilt (Amtsgericht Frankfurt a.M., Urteil vom 18.10.2021, Az.: 975 Ds 3230 JS 217464/21).

Ein Betroffener kann in einem Bußgeldverfahren durchaus die Herausgabe der Wartungsunterlagen des Geschwindigkeitsmessgerätes, mit dem er geblitzt wurde, verlangen. Dies ist zwar an gewisse Voraussetzungen gebunden, gehört aber, wie der Verfassungsgerichtshof (VGH) Rheinland-Pfalz in Koblenz festgestellt hat, auch bei standardisierten Messverfahren zum Recht auf ein faires Verfahren. Wobei sich die hier zum Zuge kommende Regelung der Landesverfassung Rheinland-Pfalz mit den entsprechenden Vorgaben des Grundgesetzes deckt (VGH Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 12.12.2021, Az.: VGH B 46/21).

Der relativ junge Straftatbestand des verbotenen Kraftfahrzeugrennens in § 315d Absatz 1 Nr. 3 des Strafgesetzbuches (StGB) ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Das hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) auf Vorlage eines Amtsgerichts entschieden. Die Strafregelung ist dem höchsten deutschen Gericht zufolge hinreichend bestimmt, um eine mögliche Strafbarkeit erkennen zu können. Insbesondere das umstrittene subjektive Tatbestandsmerkmal „um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen“ sei einer methodengerechten Auslegung durch die Fachgerichte zugänglich, so das BVerfG (BVerfG, Beschluss vom 09.02.2022, Az.: 2 BvL 1/20).
