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Bußgelder und schlimmere Folgen für den Fahrerlaubnisinhaber bei Geschwindigkeitsüberschreitungen

Zu schnell zum Toilettenhäuschen unterwegs: Bei einer Blasenschwäche muss man vorsorgen. Foto: Rafal Rutkowski
Schwache Blase bewahrt nicht vor einem Fahrverbot

Eine Blasenschwäche ist kein Freibrief für das Überschreiten der Geschwindigkeit. Grundsätzlich kann bei einer entsprechend hohen Geschwindigkeitsüberschreitung in solchen Fällen auch ein Fahrverbot verhängt werden. Ob ein Absehen hiervon aufgrund der besonderen Situation gerechtfertigt ist, hat der Bußgeldrichter im Einzelfall zu prüfen und zu begründen. Das ergibt sich aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm, der eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 29 km/h außerhalb einer geschlossenen Ortschaft zugrunde lag (OLG Hamm, Beschluss vom 10.10.2017, Az.: 4 RBs 326/17).

Normalerweise werden ordnungsgemäß aufgestellte Schilder auch wahrgenommen. Foto: halcoti - stock.adobe.com
Geschwindigkeitsbeschränkung auch bei einem Schild

Grundsätzlich brauchen Gerichte nicht davon auszugehen, dass ein Betroffener Vorschriftszeichen übersehen hat. Dies muss nur berücksichtigt werden, wenn sich hierfür besondere Anhaltspunkte ergeben. Diese Vermutung wird einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Celle zufolge auch nicht dadurch entkräftet, dass eine Geschwindigkeitsbeschränkung nur einmal und nur durch ein einseitig aufgestelltes Verkehrsschild angekündigt wird (OLG Celle, Beschluss vom 23.06.2017; Az.: 2 Ds (OWi) 137/17).

Nach den Kurven endet das Tempolimit. Foto: iStock.com/ypo-graphics
Geschwindigkeitsbeschränkung für Kurve gilt nur bis zum Ende der Kurve

Wenn das Verkehrsschild für eine zulässige Höchstgeschwindigkeit mit einem Gefahrzeichen, z.B. der Warnung vor einer Rechtskurve, zusammen angebracht ist, handelt es sich um eine streckenbezogene Geschwindigkeitsbeschränkung. Diese endet, wenn sich aus der Örtlichkeit zweifelsfrei ergibt, von wo an die angezeigte Gefahr nicht mehr besteht. Bestehen andere Gefahren, die jedoch nicht angezeigt wurden, darf für das Ende der Geschwindigkeitsbeschränkung nicht auf diese abgestellt werden. Das ergibt sich aus einem Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.10.2016, Az.: IV-2 RBs 140/16).

Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren ist möglich, folgt aber bestimmten Regeln. Foto: iStock.com/Marco Ritzki
Klare Regeln für Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren

Grundsätzlich darf die Polizei die Geschwindigkeit eines Fahrzeugs durch Nachfahren ermitteln. Dabei sind jedoch gewisse Regeln zu beachten, auf deren Einhaltung auch das entsprechende Urteil eingehen muss. Ist das nicht der Fall, kann der Richterspruch hinfällig sein, wie eine Entscheidung des Kammergerichts (KG) Berlin zeigt. Im konkreten Fall ging es um eine Geschwindigkeitsüberschreitung zur Nachtzeit. Im – aufgehobenen – Urteil wurde zwar ein Verfolgungsabstand von 300 Meter mitgeteilt, aber nichts dazu festgestellt, wie die Straßenbeleuchtung und die Verkehrsverhältnisse waren, weswegen das KG Zweifel an der Zuverlässigkeit der „Messung“ hatte (KG Berlin, Beschluss vom 22.08.2017, Az.: 3 Ws (B) 232/17, 3 Ws (B) 232/17 – 122 – Ss 129/17).

Blick über die Kölner Innenstadt. Foto: iStock.com/otily
Kölner Raser müssen mit Haftstrafe ohne Bewährung rechnen

Im sogenannten 2. Kölner Raser-Fall hat der Bundesgerichtshof (BGH) ein klares Signal gegen innerstädtische Raserei gesetzt. Das Gericht hob den Strafausspruch des Landgerichts auf, das die beiden beteiligten Fahrer wegen fahrlässiger Tötung zur Freiheitsstrafen von zwei Jahren bzw. einem Jahr und neun Monaten verurteilt und die Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt hatte. Aus der Sicht des BGH hatte das Landgericht nicht ausreichend gewürdigt, dass die Raser gleich mehrere erhebliche Verkehrsordnungswidrigkeiten vorsätzlich begangen und durch ihre aggressive Fahrweise die Gefahrenlage herbeigeführt hatten (BGH, Urteil vom 06.07.2017, Az.: 4 StR 415/16).

Rücksichtslose Raserei kann in der Kombination mi nicht mehr handhabbaren Fahrzeugen zu einer Verurteilung wegen Mordes führen, wenn es zu einem schweren Unfall mit Todesfolge kommt. Foto: studio v-zwoelf - stock.adobe.com
Tödliches Autorennen in der Stadt: Lebenslange Freiheitsstrafe und lebenslanger Entzug der Fahrerlaubnis

Ein klares Zeichen gegen verantwortungslose innerstädtische Raserei hat das Landgericht (LG) Berlin gesetzt: Es verurteilte einen 28- und einen 25-jährigen Fahrer, die sich in der Berliner Innenstadt ein Autorennen geliefert hatten, das für einen anderen Verkehrsteilnehmer tödlich endete, wegen Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs. Das Strafmaß für beide Täter: lebenslange Freiheitsstrafen und ein lebenslanger Entzug der Fahrerlaubnisse (LG Berlin , Urteil vom 27.02.2017; Az.: 535 Ks 8/16).